„Wie Kassen teure Patienten mobben“

Gesundheit

Kompakt:

  • Krankenkassen versuchen verstärkt, „teure“ Kunden hinaus zu mobben.
  • Dabei scheuen sie auch vor rigiden Methoden nicht zurück.
  • Jeder muss das Recht und die Pflicht haben, in einer Krankenkasse zu sein.

„Wie Kassen teure Patienten mobben“, so lautete ein Beitrag in der Sendung „quer“ des Bayerischen Fernsehen vom 06.10.2011: Frau O. hatte Januar 2010 eine private Krankenversicherung bei der Versicherungskammer Bayern (VKB) abgeschlossen. Als sie nun wegen eines „Burnout“ arbeitsunfähig wurde, beantragte sie bei der VKB Krankentagegeld, das zunächst auch gezahlt wurde. Die VKB hatte aber zwischenzeitlich festgestellt, dass Frau O. beim Eintritt in die VKB eine Magenspiegelung (die ohne Befund war), Reizmagen, Sodbrennen und Blutwerte nicht angegeben hatte. Deshalb hatte die VKB die Versicherung gekündigt, bereits bezahlte Leistungen (rund 11 000 Euro) zurückverlangt, aber trotzdem alle bisher bezahlten Versicherungsbeiträge (rund 10 000 Euro) einbehalten. Frau O. ist jetzt überschuldet.

Burnout ist eine langwierige und teure Krankheit, die oft auch schon eine lange Vorgeschichte hat. Vermutlich hätte die VKB Frau O. erst gar nicht aufgenommen, wenn sie von den Magenproblemen gehört hätte. Insofern können wir verstehen, dass die VKB die gesetzlichen („Kann“)-Bestimmungen voll für sich ausgenutzt und Frau O. unter dem Vorwand der „arglistigen Täuschung“ gekündigt hat.

Die VKB hat aber u. E. falsch gehandelt, weil sie Frau O. nur nach einem Kundengespräch, ohne ausführliche Informationen, aufgenommen hatte. Eine Krankenkasse muss u. E. bei der Aufnahme eines Kunden ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass alle Gesundheitsprobleme und Behandlungen der letzten zwei oder drei Jahre anzugeben sind, dann dem Kunden ein Formular mitgeben, das er oder sie zu Hause oder mit einem Arzt zusammen ausfüllen muss und dann der Versicherung übergibt. Deshalb hoffen wir, dass sich Frau O. gerichtlich erfolgreich gegen die Kündigung wehren kann.

Die Sozialverbände beobachten mit Sorge, dass Krankenkassen neuerdings verstärkt versuchen, „teure“ Kunden heraus zu mobben, wobei sie auch nicht vor rigiden Methoden zurückscheuen. Das ist offenbar ihr „Beitrag“ zur Gesundheitsreform. Auch die gesetzlichen Krankenkassen sind da sehr einfallsreich, wie der „quer“-Beitrag an einem anderen Fall zeigte.

Deshalb würden wir es begrüßen, wenn der Gesetzgeber solchen Machenschaften durch eine eindeutige und klare Gesetzesänderung einen Riegel vorschieben würde: Jeder hat nicht nur Anspruch auf eine Krankenversicherung, die im Krankheitsfalle auch zahlt, sondern jeder Mensch muss in einer Krankenkasse ausreichend versichert sein, ggf. in einer gesetzlichen Versicherung. Im Falle von Frau O. würde das bedeuten, dass sie in eine gesetzliche Krankenversicherung eintritt (oder zurückkehrt), die die vorgeschriebenen Kosten übernimmt, und dass die VKB die eingenommenen Prämien (also die rund 10 000 Euro) an den neuen Versicherer weitergibt.
17.10.2011 r

 
 

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