„Arbeitsverweigerung“

Das Folgende wurde aus der Internetseite „www.watchthecourt.org“: „Offene Rechtsfrage zu verbreiteter Praxis –ohne grundsätzliche Bedeutung; Anmerkung zu OLG Köln, Beschlüsse vom 23.6.2008 und vom 30.7.2008 – 18 U 157/07“ entnommen /Link/.

„In einem Versicherungsunternehmen, das als sog. Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit organisiert ist, wurde eine Mitgliedervertreterversammlung abgehalten – eine Versammlung, an der nicht alle Mitglieder des Vereins teilnehmen dürfen, sondern eben nur die Mitgliedervertreter; es handelte sich also um eine Art Delegiertenversammlung.“ Die Mitgliedervertreterversammlung ernannte drei weitere Personen als Mitgliedervertreter. Gegen diese Ernennung klagte ein (einfaches) Mitglied. Der Kläger war der Ansicht, die Mitgliedervertreter seien von allen Mitgliedern zu wählen und nicht nur von ihren Vertretern.

Das LG Köln hat die Klage abgewiesen und hat sein Urteil ausreichend begründet, so dass das Urteil o. k. ist, auch wenn man von der Sache her anderer Meinung sein kann. Für ein Berufungsverfahren sind folgende Feststellungen in der Urteilsbegründung des LG Köln wesentlich: Nämlich, dass die Ernennung von neuen Vertretern durch die Mitgliedervertreterversammlung weit verbreitet ist und dass weder der Gesetzgeber noch die Rechtsprechung bisher über die Zulässigkeit eines solchen Verfahrens eine Aussage gemacht haben.

Die Berufung des Klägers wurde vom OLG Köln ohne Verhandlung per Beschluss zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist laut Prof. Schwab ein „Skandalurteil“:
„Erstens hat das OLG sich geweigert, die ihm aufgetragene Arbeit zu verrichten: Das Gericht ist dazu da, über die Rechtsfragen zu entscheiden, auf die es für den Ausgang des Prozesses ankommt.“ Der Senat wäre verpflichtet gewesen, über diese Rechtsfrage zu verhandeln und dann seine Überlegungen in eine Urteilsbegründung niederzulegen. Dies wäre allerdings mit Arbeit verbunden gewesen, wofür Richter eigentlich vom Staat angestellt und bezahlt werden. - Juristisch gesehen: Der OLG-Senat hat gegen § 522 Abs. 2 ZPO verstoßen. Dort ist geregelt, dass, wenn eine Sache – wie hier – grundsätzliche Bedeutung hat, die Sache eben nicht per Beschluss zurückgewiesen werden darf, sondern eine Gerichtsverhandlung stattzufinden hat.
„Zweitens hat das OLG“„dem Kläger die Chance genommen“, zum Bundesgerichtshof zu gehen. Hierin sieht Prof. Schwab einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, dass nämlich keiner seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf.

Dieses Urteil ist ein Grund mehr, § 522 ZPO schnellstens zu ändern. Außerdem stellen sich wieder einmal die Fragen,
 ob wir überhaupt solche OLG-Richter brauchen,
 ob Richter generell keine Nebenjobs ausüben sondern ihre Arbeitskraft für ihr Amt gebrauchen sollten und
 ob der Staat nicht für Fehlurteile schadensersatzpflichtig ist (siehe Art. 34 Grundgesetz).

Für eine ausführliche, auch für juristische Laien verständliche Darstellung siehe „Watch the Court“ /Link/.
23.08.2011 r

Anfang | zurück

 

WebsoziCMS 3.9.9 - 003044912 -