Zu Diskussionen in Gesellschaft und Politik

Es ist legitim, in der Gesellschaft und Politik über die Vor- und Nachteile bzw. Risiken einer Technik zu diskutieren. Dabei kann Streit entstehen, der dann mit fairen Mitteln auszutragen ist. Unsachliche Diskussionen schaden nur und können gefährlich werden. Denn sie führen zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit und können sinnvolle oder notwendige Maßnahmen verhindern. Trotzdem greifen auch Politiker häufiger – vermutlich zur Selbstdarstellung – zur Polemik.

Jüngstes Beispiel: das schwere Unglück mit dem Transrapid
Bayerische SPD und Grüne Landespolitiker haben das schwere Unglück in Niedersachsen als Grund für ihre Behauptung, dass die Transrapidtechnologie zu gefährlich sei und daher abzulehnen ist, angeführt. Eine faire Vorgehensweise hätte darin bestanden, dass diese Politiker Auskunft darüber verlangen, was zu dem Unglück geführt hat, was unternommen werden soll, damit sich das nicht wiederholen kann, welche Vorkehrungen getroffen werden, dass Rettungsmannschaften besser an den Zug kommen können, welche Maßnahmen für den Fall getroffen sind, falls die Reisenden unvorhergesehen den Zug verlassen müssen (z. B. bei Brand, auch im Tunnel) usw. Falls dann die Ingenieure nicht in der Lage sind, diese Probleme zu lösen, dann erst ist es gerechtfertigt, diese Technologie als zu gefährlich abzulehnen.

Das Verhalten der o. g. Politiker ist unehrlich, ihre wirklichen (und durchaus legitimen) Gründe zur Ablehnung des Transrapid sind: die Technologie ist viel zu teuer (die Kosten bleiben letztendlich am Steuerzahler hängen) und die Anwohner werden durch die Geräusche empfindlich gestört.

Extrembeispiel: Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich (ca. 10 km nordwestlich von Koblenz)
Nachdem die Bürgeranhörung abgeschlossen und die erste Teilgenehmigung erteilt war, wurde erkannt, dass der Untergrund an dieser Stelle nicht so geeignet war ( geologische Verwerfung, das Neuwieder Becken ist leicht erdbebengefährdet) und es wurde deshalb vom Staat genehmigt, das Kraftwerk ca. 50 m von dieser Stelle auf sicherem Untergrund zu errichten. Die Atomkraftgegner hatten dann schließlich mit Erfolg vor den Verwaltungsgerichten durchgesetzt, dass das Kernkraftwerk wieder vom Netz genommen werden musste, weil der Staat die Genehmigung, das Kernkraftwerk zu versetzen, ohne eine erneute Bürgeranhörung getroffen hatte. Aus Sicht eines gewissenlosen Bauträgers wäre es klüger gewesen, das Kraftwerk entgegen besserer Erkenntnisse auf unsicherem Untergrund zu bauen, denn so war es formal rechtlich genehmigt worden. Wenn es dann bei einem Erdbeben zu einem Unfall gekommen wäre, hätte es von den Gegnern Vorwürfe gehagelt, obwohl diese mit schuldig gewesen wären.

Denn allgemein kann man sagen, wenn jeder Störfall oder sonstiger Fehler zum Vorwand genommen wird, eine Grundsatzdebatte zu beginnen und jeder Verbesserungsvorschlag in einem Kernkraftwerk dazu führen kann, die Frage der Genehmigung neu zu stellen, dann darf man sich nicht wundern, dass die Versuchung entstehen kann, Störfälle zu verheimlichen, und auf Verbesserungen zu verzichten. D. h. das Verhalten von solchen Kernkraftgegner, die nur darauf aus sind, ihre Meinung unter allen Umständen durchzusetzen, kann dann zu wirklich gefährlichen Situationen führen. Ein fairer Umgang besteht darin, dass jeder Störfall und jede angestrebte Verbesserung mit all ihren Konsequenzen geprüft wird, bevor dann entschieden wird.

Beispiel: Fleischskandale
Die Forderung, der bayerische Staatsminister für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Dr. Werner Schnappauf, muss zurücktreten, führt nicht weiter. Was bisher an die Öffentlichkeit gedrungen ist, weist daraufhin, dass die Lebensmittelkontrolle, insbesondere in Bayern, Systemmängel aufweist, für die wohl kaum der Staatsminister allein verantwortlich ist. So sind die Lebensmittelkontrolleure für ihre Aufgabe nicht ausreichend ausgestattet, haben zu wenige Befugnisse, die Buchführungspflicht der Firmen (hiermit ist auch die eindeutige Kennzeichnung vom lebenden Nutztier bis zum Endprodukt gemeint) ist mangelhaft und Transparenz fehlt auch.

Die drei Beispiele zeigen, dass es Politikern schwer fällt, nur aufgrund von sachlichen Gründen zu handeln.
20.10.2006 gr

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