Hochspannungsleitungen

(Mit einem Nachtrag vom 23.01.2012)

Kompakt:

  • Nach dem Abschalten einiger Kernkraftwerke wird es verstärkt erforderlich, elektrische Energie über weite Strecken zu transportieren.
  • Dazu sind ausreichend neue Hochspannungsleitungen zu bauen. Infrage kommen die Freileitung, das Erdkabel (VPE-Kabel) und die Gasisolierte Leitung (GIL).
  • Vorteile der Freileitung sind relativ geringe Baukosten, geringe Blindströme, die leichte Reparierbarkeit und lange Betriebserfahrung. Nachteilig ist, dass sie die Landschaft verschandelt, der Witterung ausgesetzt und von einem weitreichenden, wechselnden Magnetfeld umgeben ist.
  • Wir halten den Grenzwert für ein wechselndes Magnetfeld von 100 000 nT (Nanotesla) in Deutschland für zu hoch und schlagen stattdessen einen Grenzwert von 500 nT vor, der z. B. in Italien gilt. Danach sollte für Bebauungen ein Mindestabstand von 150 m von Hochspannungsleitungen eingehalten werden.
  • Vorteile des Erdkabels (VPE-Kabel) und der gasisolierten Leitung (GIL) sind, dass sie in der Erde verlaufen und die Landschaft nicht stören. Nachteilig sind jedoch die wesentlich höheren Baukosten und die noch nicht lange Betriebserfahrung.
  • Das Erdkabel kann einfacher als die GIL in der Erde verlegt werden, dafür muss beim Erdkabel mit Ermüdungserscheinungen der Isolation auf Grund des hohen elektrischen Feldes gerechnet werden und die Blindströme sind höher als beim GIL. Die Isolierung in der GIL wird mit SF6, einem zwar ungiftigen, aber starken Treibhausgas vorgenommen. Es muss sichergestellt werden, dass es nicht in die Umwelt gelangt.
  • Um unnötige Leitungsverluste und zusätzliche Belastungen der Kraftwerke zu vermeiden, müssen die Blindströme in der Leitung technisch aufwendig kompensiert werden.
  • Seine Stärke könnte das Erdkabel dann ausspielen, wenn es von Gleichstrom durchflossen würde. Dazu müsste der erzeugte Wechselstrom (Drehstrom) in Gleichstrom verwandelt, dann durch die Leitung geschickt und wieder in Wechselstrom zurückverwandelt werden. Dies ist allerdings technisch sehr aufwendig, wenn überhaupt beherrschbar.
  • Wir sind der Meinung, dass der Lebensstandard in Deutschland nur aufrecht erhalten werden kann, wenn die Versorgungssicherheit mit elektrischer Energie zum konkurrenzfähigen Preis gewahrt wird. Um den Umbau unseres Stromnetzes nicht zu teuer werden zu lassen - denn zahlen müssen letztendlich wir, die Verbraucher -, werden wir den verstärkten Bau von Freileitungen dulden müssen.

Hochspannungsmast

 

1. Notwendigkeit von Hochspannungsleitungen

Wünschenswert wäre es, die elektrische Energie dort zu erzeugen, wo sie benötigt wird. Aus vielerlei Gründen wird man aber nicht umhinkommen, elektrische Energie über weite Strecken transportieren zu müssen. Gerade nach dem Atomausstieg wird der Transport elektrischer Energie zunehmen, z. B. von Offshore Windanlagen nach Süddeutschland (ca. 800 km). Dazu werden weitere Hochspannungsleitungen benötigt, insbesondere von Windparks im Norden Deutschlands nach Süddeutschland. Wegen fehlender Leitungen müssen jetzt schon Windkraftanlagen abgeschaltet und deren Besitzer entschädigt werden. Das führt zu der grotesken Situation, dass in Süddeutschland Strom aus Tschechien oder Frankreich fließt, während im Norden Besitzer von Windkraftanlagen zeitweilig dafür bezahlt werden, weil sie keinen Strom ins Netz einspeisen dürfen, obwohl das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ihnen das garantiert. Obschon also Stromleitungen dringend benötigt werden, gibt es erhebliche Widerstände aus der Bevölkerung dagegen und die Energiewirtschaft geht wegen der unsicheren Vorgaben aus der Politik nur zögerlich an den Ausbau des Stromnetzes heran.
Wir wollen im Folgenden auf die Herausforderungen - neudeutsch für „Probleme“ - beim Ausbau von Hochspannungsleitungen eingehen.

 

2. Transport der elektrischen Energie

Um die erforderlichen Strommengen über weite Strecken ohne zu hohe Verluste transportieren zu können, benötigt man sehr hohe Spannungen (bis ca. 380 000 Volt) und hohe Ströme (über 1000 Ampere). In den Leitungen fließt - mit Ausnahme der Gleichspannungsleitungen - eine spezielle Art des Wechselstromes, nämlich Drehstrom, mit einer Frequenz von 50 Hz, d. h. Spannung und Strom wechseln 100-mal pro Sekunde ihre Richtung (s. Abb. 1 u. 2). Für die Technik dazu verweisen wir auf die Literatur (siehe z. B. Wikipedia, /Link/).

Wechselstrom
Abb.1: Zeitlicher Verlauf der Spannung in einem Leiter einer Hochspannungsleitung (Wechselstrom). Zwischen 0 und 0,01 s ist die Spannung positiv. Bei 0,01 s wird die Spannung negativ. Nach 0,02 s wird die Spannung wieder positiv. In einer Sekunde passiert das 50-mal, d. h. die Frequenz beträgt 50 Hz. (s=Sekunde)

Drehstrom
Abb.2: Zeitlicher Verlauf der Spannungen in den drei Leitern einer Hochspannungsleitung (Drehstrom). In den drei Leitern ist der zeitliche Verlauf der einzelnen Spannungen um je 0,0066667 s (um je 120°) versetzt.

Beim Transport von Wechselstrom durch eine Leitung entstehen im Allgemeinen neben den ohmschen Verlusten unerwünschte Blindströme. Die Blindströme haben folgende Ursachen: Durch die wechselnde Spannung in den Drähten einer Stromleitung wird zwischen den einzelnen Drähten und der Erde ständig ein elektrisches Feld auf- und abgebaut und durch den wechselnden Strom wird ständig ein Magnetfeld um die einzelnen Drähte herum auf- und abgebaut. Dadurch wird ständig Energie in das elektrische Feld gespeichert und wieder zurück in die Leitung geholt, dasselbe geschieht mit dem Magnetfeld. Dies führt zu zusätzlichen Strömen in den Leitungen, den sogenannten Blindströmen. Diese Ströme belasten die Leitungen (und die Kraftwerke) zusätzlich und sind deshalb störend. Die Blindströme können und müssen kompensiert werden. Die Maßnahmen zur Kompensation (Drosseln oder Kondensatoren) machen einen wesentlichen Teil der Kosten für eine Leitung aus. Im Anhang (Download) sind die Formeln für die Berechnung einer Hochspannungsleitung zusammengestellt und mit diesen Formeln eigene Berechnungen durchgeführt worden. Damit wollen wir selbst nachvollziehen, wie störend die Blindströme wirklich sind und wie groß das Magnetfeld um eine Hochspannungsleitung herum ist. - Bei der Übertragung von Gleichströmen gibt es keine Blindströme.

 

Viele Menschen betrachten Hochspannungsleitungen mit Misstrauen:
Viele glauben, dass von den Leitungen Gefahren für die Gesundheit ausgehen. Außerdem wird im Fall von Freileitungen das Landschaftsbild beeinträchtigt.

 

3. Methoden der Stromübertragung

3a. Vergleich Gleichstrom und Wechselstrom

Durch Stromleitungen kann entweder

  • Gleichstrom oder
  • Wechselstrom

fließen.

Vorteile Gleichstrom (HGÜ):

  • Man kommt mit zwei statt drei Drähten - im Fall des Drehstroms - bei einer Hochspannungsleitung aus.
  • In der Leitung herrscht immer die gleiche Spannung, wodurch die Leitung besser ausgenutzt wird.
  • Es gibt keine Blindströme.
  • Es gibt keine wechselnden elektrischen Felder. Damit werden z. B. Erdkabel weniger beansprucht als bei Wechselstrom.
  • Es gibt keine gesundheitsstörenden wechselnden Magnetfelder.

Vorteile Wechsel-/Drehstrom:

  • Er ist transformierbar. D. h. mit einem Transformator (Trafo) kann man die erzeugte Spannung auf 380 000 V hochtransformieren und auf der Verbraucherseite in mehreren Schritten bis auf 220 V (Haushalt) heruntertransformieren. Auch im Haushalt finden Trafos viele Anwendungen, hin bis zum Ladegerät für Batterien. Für Gleichstrom ist es äußerst aufwendig und kostspielig, die Spannung erst hoch und dann wieder herunter zu „transformieren“.
  • Wechselstromnetze können wesentlich einfacher geregelt werden.
  • Drehstrommotoren, wie sie vor allem in der Industrie eingesetzt werden, können äußerst robust gebaut werden und sind im Betrieb fast unverwüstlich.

Fazit: Die Vorteile des Wechselstroms überwiegen so sehr, dass Gleichstromleitungen (HGÜ) kaum infrage kommen. Nur in Fällen, wo die Blindströme zu groß werden und die Kompensation zu teuer oder gar nicht möglich ist, muss Gleichstrom benutzt werden. Das träfe z. B. für lange Seekabel aus Nordafrika zu, wenn dort Sonnenkraftwerke zur Versorgung von Europa gebaut würden, oder für große Strecken (>1000 km) mit nur einer Stromeinspeisung am Anfang und einer Entnahmestation am Ende der Leitung.

 

3b. Vergleich der unterschiedlichen Methoden zur Stromübertragung

Es gibt folgende Arten von Hochspannungsleitungen:

  • Supraleitende Leitung
  • oberirdischen Leitung = Freileitung
  • Erdkabel
  • Gasisolierte Leitung (GIL)

Bei einer supraleitenden Leitung wird ausgenutzt, dass viele Materialien bei tiefen Temperaturen den elektrischen Strom völlig verlustfrei leiten. Allerdings muss ein Leiter aus supraleitendem Material (vorzugsweise Niob) auf eine Temperatur von ca. 4 K, der Temperatur von flüssigem Helium, abgekühlt werden, das sind -269°C. 4 K bedeuten, 4 Grad über dem absoluten Temperaturnullpunkt. Zum Vergleich: Im Weltraum ist es ca. 3 K „warm“. Der Aufwand für die Kühlung der Leitung ist so hoch, dass supraleitende Kabel für den Stromtransport über größere Strecken nicht infrage kommen. Wir werden hier deshalb nicht mehr auf supraleitende Leitungen eingehen (23.01.2012: s. Nachtrag). Supraleitende Drähte finden z. B. Anwendung bei kräftigen Magneten.

Freileitung, Erdkabel oder Gasisolierte Leitung (GIL)
Vorteile Freileitung:

  • relativ einfach zu bauen, langjährige Betriebserfahrung vorhanden, vergleichsweise geringe Baukosten
  • blanke, nicht isolierte Leitungen, an Isolatoren aufgehängt
  • relative kleine Blindströme
  • vergleichsweise einfache Reparatur- und Überwachungsmöglichkeit
  • nur geringe Bodenfläche erforderlich (nur für die Masten)
  • automatische Kühlung der Drähte durch die Luft, vor allem im Winter, wenn viel Energie benötigt wird.
  • Kosten: ca. 1,5 Millionen Euro pro km

Nachteil Freileitung:

  • Witterungseinflüssen ausgesetzt
  • Evtl. Gesundheitsgefahren durch Magnetfelder
  • Beeinträchtigung des Landschaftsbildes

Vorteile Erdkabel (VPE-Kabel)

  • Unsichtbar in der Landschaft
  • Kleinere Magnetfelder als bei der Freileitung

Nachteile Erdkabel (VPE-Kabel)

  • Höherer Aufwand durch die Isolierung. Die drei einzelnen, isolierten Leitungen werden in ca. 0,5 m Abstand in ein Kiesbett gelegt, darauf kommt ein Netz als Warnung für evtl. spätere Erdarbeiten, und dann wird der Graben mit Erde aufgefüllt und Gras ausgesät.
  • Es wird mehr Bodenfläche (ein 7 m oder 13 m breiter Streifen für die Leitungen) benötigt, die nicht bewirtschaftet werden darf, als bei der Freileitung. Tiere können dort aber grasen.
  • Wesentlich höhere Blindströme als bei der Freileitung
  • Höhere Reparaturkosten und geringere Betriebserfahrungen im Vergleich zu Freileitungen. Das wechselnde elektrische Feld kann zu Ermüdungserscheinungen der VPE-Isolierung führen.
  • Kühlung ist schlechter als bei der Freileitung.
  • Kosten: ca. 4,0 Millionen Euro pro km

Vorteile der gasisolierten Leitung (GIL)

  • Unsichtbar in der Landschaft, da ebenfalls - wie das Erdkabel - in die Erde verlegt.
  • Magnetfelder wie beim Erdkabel
  • Der Leiter aus Aluminium wird mit Abstandhaltern aus Isoliermaterial in ein Rohr mit etwa 0,50 m Innendurchmesser geführt. Dann wird das Rohr mit einem Isoliergas gefüllt. Ermüdungserscheinungen des Isoliergases (im Unterschied zur VPE-Isolierung) sind nicht zu erwarten.
  • Bessere Kühlung über das Isoliergas
  • Unsere Rechnung ergab kleinere Blindströme als beim VPE-Kabel

Nachteile der gasisolierten Leitung (GIL)

  • Äußerst aufwendig zu bauen. Im Rohr steht das Isoliergas (N2 und SF6) unter einem Druck von ca. 5 bis 7 bar. Es darf während der gesamten Betriebsdauer nicht entweichen.
  • Bodenflächenbedarf wie beim Erdkabel.
  • Höhere Reparaturkosten und geringere Betriebserfahrungen im Vergleich zu Freileitungen und zu Erdkabeln.
  • Das Isoliergas SF6 (Schwefelhexafluorid) ist zwar ungiftig, aber ein sehr starkes Treibhausgas und sollte deshalb eigentlich nicht mehr verwendet werden.
  • Kosten: (?) Millionen Euro pro km

Fazit: Wenn man die Verschandelung der Landschaft in Kauf nimmt und mit der Bebauung genügend Abstand (150 bis 200 m) von der Leitung hält, spricht der geringere Preis, die geringe Anfälligkeit und die lange Betriebserfahrung für die Freileitung. In oder in der Nähe von Städten hat ein Erdkabel oder eine GIL-Leitung dagegen Vorteile, weil eine solche Leitung unter der Straße (in einen Kabeltunnel) unauffällig verlegt werden kann, das Magnetfeld schwächer ist und für kurze Strecken die Verluste und Blindströme eine untergeordnete Rolle spielen.

 

4. Gesundheitliche Auswirkungen der Stromübertragung

4a. Gesundheitsgefahren durch Magnetfelder:

Der durch die Leitung fließende elektrische Strom erzeugt um die Leitung herum ein Magnetfeld. Für die Stärke des Magnetfeldes kommt es nur auf die Stromstärke und die Geometrie der Leiter zu einander an, nicht aber auf die Spannung. Wären die drei Leiter einer Hochspannungsleitung dicht beieinander, so würden sich die Magnetfelder von den drei Leitern aufheben, weil die Ströme durch die Leiter in beide Richtungen fließen. Wegen des erforderlichen Abstandes der Leiter zu einander heben sich die Magnetfelder jedoch nicht auf, sondern überlagern sich zu einem Gesamtmagnetfeld, das insbesondere bei einer oberirdischen Leitung („Freileitung“) ziemlich weit reicht.

Unsere Beispielrechnung für eine Freileitung liefert folgende Werte:
(Angenommene Ausgangswerte: Stromstärke pro Leiter 909 A (Effektivwert), das entspricht einer Übertragung von 600 MW, Abstand der 3 Leiter zueinander je 7 m, Höhe der unteren beiden Leiter 15 m)

Abstand                      10  50 100 150 200 250 300 400 m
Magnetische Flussdichte    4818 602 158  70  39  25  17  10 nT

Zum Vergleich ein Erdkabel
Magnetische Flussdichte    2320  90  22  10   6   4   2   1 nT
1 Nanotesla (nT) = 0,000 000 001 Tesla (T)

Es wird allgemein angenommen, dass selbst starke Magnetfelder (z. B. 0,001 T), die sich nicht ändern, für den Menschen unschädlich sind. Das Erdmagnetfeld hat ca. 40 000 nT = 0,000 04 T. Dagegen sind schon kleinere Magnetfelder, die durch Wechselstrom erzeugt werden, gesundheitsgefährdend. In Deutschland gilt ein Grenzwert von 100 000 nT = 0,0001 T (für Dauereinwirkung). Unsere obige Tabelle zeigt, dass dieser Wert auch unter einer Hochspannungsleitung nicht erreicht wird.

Wir halten diesen Grenzwert jedoch für viel zu hoch und schlagen daher einen Grenzwert von 500 nT bei Dauereinwirkung vor (1000 nT wären auch noch tolerierbar).

Die mit 50 Hz wechselnde magnetische Flussdichte B induziert in einer Leiterschleife, die die Fläche A umschließt, eine Spannung U von
U = 314 * A * B.
Nehmen wir an, dass ein Mensch ca. 1 m2 Oberfläche seiner Vorder- oder Rückseite hat, so würde in seinem Körper bei einem Magnetfeld von 100 000 nT = 0,0001 T eine elektrische Spannung von
U = 314 * 0,0001 V = 0,0314 V = 31,4 mV erzeugt. Das liegt in der Größenordnung der vom Körper selbst erzeugten elektrischen Spannungen in den Nervenbahnen. Eine Beeinträchtigung kann also nicht ausgeschlossen werden.
Bei dem vorgeschlagenen Grenzwert von 500 nT würden sich nur U = 314 * 0,000 000 500 V = 0,000 157 V = 0,157 mV ergeben, das wäre u. E. klein genug gegenüber den Spannungen in den Nervenbahnen.
Beispielsweise liegt der Grenzwert in der Schweiz bei 1000 nT und in Italien bei den von uns vorgeschlagenen 500 nT /Link/.

Um sicherzustellen, dass die 500 nT nicht überschritten werden, sollten Gebäude, in denen sich Menschen längere Zeit aufhalten, wie Wohnhäuser oder Bürogebäude, mindestens 150 m, besser 200 m von einer 380 000 V-Hochspannungsleitung entfernt sein. (In unserer Rechnung würden schon 60 m ausreichen, aber die Ströme in den Leitern können noch höher sein, und oft sind auch zweimal drei Leiter verlegt.) Magnetfelder können nur sehr aufwendig abgeschirmt werden. Eisenarmierungen reichen dazu nicht aus. Auch aus Sicherheitsgründen, falls ein Leiter reißt oder ein Mast (z. B. bei einem Orkan) einknickt, wäre solch ein Abstand gut. Auch gehen von Freileitungen akustische Störungen aus. Bei einem Erdkabel würde schon nach 30 m ein Grenzwert von 500 nT nicht überschritten.

 

4b. Elektrische Felder

Neben dem Magnetfeld erzeugen Hochspannungsleitungen auch elektrische Felder, die wir aber für nicht so problematisch halten.

Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass an den Drähten, die unter Hochspannung stehen, Luft, Staubteilchen und Aerosole ionisiert, dann vom Wind weiter getragen werden und so die Gesundheit beeinträchtigen können. Wir hoffen, dass dazu „offizielle“ und ergebnisoffene Untersuchungen durchgeführt werden und nicht nur Untersuchungen im Auftrag von Gruppen, die von vorneherein gegen Hochspannungsleitungen sind oder von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVUs). Außerdem können die Freileitungen surren, also akustisch stören. Auch dies spricht für einen ausreichenden Abstand.

 

5. Schlussbemerkungen:

Es kursieren Behauptungen, dass ein verstärkter Ausbau des Netzes nicht notwendig sei, weil die elektrische Energie dezentral erzeugt werden könne, etwa durch Photovoltaik, Windkraft, Biogasanlagen etc.. Einmal abgesehen davon, dass man so keine großen Städte und Industriebetriebe, von denen wir letztendlich leben, sicher versorgen kann, kennt jeder auch die Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint und Windstille herrscht. Dann erwarten wir, dass die elektrische Energie trotzdem zur Verfügung steht, also muss sie von weither herantransportiert werden. D. h. Hochspannungsleitungen über weite Strecken sind unverzichtbar. Nach heutigem Stand der Technik sind im Allgemeinen Freileitungen die bewährte Methode, um elektrische Energie am kostengünstigsten und am sichersten über weite Strecken zu transportieren. Für kurze Strecken, etwa in Städten, sind Erdkabel oder GIL vorzuziehen.

Nachdem die Energiewende auf Druck aus der Bevölkerung beschlossen worden ist, muss das Stromnetz in Deutschland entsprechend ausgebaut werden. Die dadurch bedingten Verunstaltungen der Landschaften müssen wir hinnehmen, ebenso wie die durch Windräder. Es darf aus unserer Sicht nur noch darum gehen, dass keine Gesundheitsgefahren von den elektrischen Leitungen ausgehen. Deshalb sind die dazu erforderlichen Abstände, z. B. zu Wohngebäuden, einzuhalten. Das Argument, die großen Stromkonzerne wollten mit den billigeren Freileitungen nur Geld sparen, spricht nicht gegen Freileitungen. Industriebetriebe müssen immer rationell arbeiten, wenn sie bestehen wollen. Ein Unternehmen will und muss immer Geld verdienen (wollen) und wenn der Staat die Stromkonzerne zwingen sollte, teure Erdkabel einschließlich Kompensationseinrichtungen für die Blindströme zu bauen, werden die Stromkunden den dadurch teureren Strom bezahlen müssen und/oder die Industriebetriebe werden zu den günstigeren Energiestandorten abwandern. Offenbar hat die Politik inzwischen das Problem mit dem zu teuren Strom für die Industrie erkannt: Die Regierung hat der Großindustrie zugesagt, sie vom Netzentgelt freizustellen und die Netzkosten auf die anderen Verbraucher, wie Gewerbe und private Haushalte, umzulegen /Link/.

 

Weitere Quellen (auch für die Texte im Download):
Wikipedia
Optionen im Stromnetz für Hoch- und Höchstspannung: (pdf-Datei 1,3 MB)
Faltblatt der Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) (pdf-Datei 1,6 MB)
Gefahr von Blackouts im Stromnetz steigt
„vorsicht-hochspannung“
VPE-Kabel
Technische Daten eines VPE-Kabel der Firma Brugg Kabel (pdf-Datei 295 kB)
21.11.2011 gr



Nachtrag vom 23.01.2012:

Supraleitendes Stromkabel

Oben haben wir geschrieben, dass supraleitende Leitungen für den Stromtransport über größere Strecken nicht infrage kommen. In den Städten spielen neben den Kosten für die elektrischen Leitungen auch die Kosten für das benötigte Gelände und der Eingriff ins Stadtbild eine wesentliche Rolle. Normalerweise sind in den Straßen verlegte Erdkabel - und nicht die Freileitung - die Lösung. Jetzt wird in Essen (Ruhrgebiet) das „AmpaCity“- Projekt (RWE, Nexans, KIT) durchgeführt, bei dem ein ca. 1 km langes Hochspannungskabel (für Drehstrom) zwischen zwei Umspannstationen durch ein Supraleiterkabel (Was ist Supraleitung?) ersetzt werden soll. Dies wäre dann das weltweit längste Supraleiterkabel. Möglich geworden ist dies durch die Entdeckung von Materialien, die schon bei Temperaturen von flüssigem Stickstoff supraleitend werden. Außerdem hat die Firma Nexans (unter Mitarbeit von KIT /Link/) inzwischen genügend Knowhow, um Kabel herzustellen, deren Inneres wie bei einer (beliebig langen) Thermoskanne wärmeisoliert ist und durch das an den supraleitenden Drähten entlang flüssiger Stickstoff zur Kühlung fließen kann. Das Kabel soll Ende November 2013 in Betrieb genommen werden. Man hofft, durch so ein Kabel eine wesentlich höhere elektrische Energie transportieren zu können als durch ein normales Erdkabel und das auch noch völlig verlustfrei. Ein Energieverlust entsteht nur durch die Kühlung des Kabels. Wenn die geplanten zweijährigen Tests erfolgreich verlaufen, könnte daran gegangen werden, das Verteilernetz auf 10 kV (Kilovolt) umzustellen. Zurzeit muss der Strom zur Minimierung von Verlusten über 110 kV Erdkabel geführt werden und an vielen Stellen in der Stadt auf 10 kV heruntertransformiert werden. Diese Umspannstationen könnten dann entfallen, für die Leitungen würde viel weniger Platz benötigt und abhängig vom Aufbau des Kabels kann auch das Magnetfeld um das Kabel reduziert oder ganz vermieden werden. D. h. Supraleiterkabel wären die idealen Stromleiter der Zukunft in Städten und – wer weiß –, wenn noch bessere supraleitende Materialen entdeckt werden, auch für längere Strecken.

Quellen:
www.pro-physik.de
www.derwesten.de
www.rwe.com
www.nexans.de (pdf-Datei, 1940 KB)
23.01.2012 r

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