Soll Wolfgang Clement aus der Partei ausgeschlossen werden?

Allgemein

(Mit einem Nachtrag vom 20.04.2010)

Trotz seines sehr unsolidarischen und wahlschädigenden Verhaltens: Nein!

Die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti führte im Januar 2008 in ihrem Wahlkampf in Hessen zu ihrer Energiepolitik aus: „Hessen ist … das Schlusslicht bei der Einführung erneuerbarer Energien. Dem entgegen habe ich ein hoch ambitioniertes Programm gesetzt, das den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung in Hessen innerhalb einer Legislaturperiode auf über 50 Prozent ansteigen lässt.“ /Link/. Wolfgang Clement äußerte dazu in einem Interview in der “Welt am Sonntag“, dass dies nicht machbar sei und dass sich der Wähler überlegen solle, wem er seine Stimme gibt.

Das Energieprogramm von Andrea Ypsilanti entspricht einem reinen Wunschdenken. Es ist technisch nicht machbar, nur durch die Beseitigung von „sogenannten administrativen Barrieren“ und von angeblich vorhandenen „Einführungshemmnissen“ (Ypsilanti) innerhalb von nur 5 Jahren den Ausbau der Windkraft, Wasserkraft und Bioenergie für die Stromversorgung in Hessen auf 50 Prozent zu steigern. Vielmehr muss dazu noch erheblich mehr Forschungs- und Entwicklungsarbeit geleistet werden und das braucht eben nun mal viel mehr Zeit. Einzelheiten dazu finden Sie in unseren Ausführungen zur „Energie- und Klimapolitik“.

Wolfgang Clement hat also völlig Recht, wenn er die Energiepolitik von Andrea Ypsilanti als unrealistisch kritisiert. Vermutlich hätte Andrea Ypsilanti bei einer gewonnenen Wahl - um das Gesicht zu wahren - darauf gedrungen, Biblis A und B abzuschalten, keine Kohlekraftwerke in Hessen zu bauen und der fehlende Strom wäre automatisch von außerhalb zugekauft worden. Der Strom würde für die Verbraucher zwangsläufig teurer werden. Außerdem möchten die Menschen in NRW und anderswo nicht die Abgase aus den Kohlekraftwerken für den dann zusätzlich in Hessen benötigten Strom einatmen müssen.

Allerdings hätte es Wolfgang Clement mit dieser Kritik belassen sollen. Falsch war es u. E., Andrea Ypsilanti im Wahlkampf „madig zu machen“. Die Energiepolitik ist zwar ein wichtiger Teil der Politik, wesentlich wichtiger ist aber, dafür zu sorgen, dass die Menschen friedlich zusammenleben. Die ausländerfeindliche Politik des noch amtierenden Ministerpräsidenten Koch ist für die SPD nicht hinnehmbar. Darauf hätte Wolfgang Clement gleichzeitig deutlich hinweisen müssen.

Trotzdem sollte Wolfgang Clement nicht aus der Partei ausgeschlossen werden. Die Stärke unserer Partei bestand und besteht darin, dass wir realistisch und visionär denkende Politiker haben und auch brauchen. Z. B. hält Peer Steinbrück als Fachmann das Geld zusammen; Andrea Nahles gehört zum sozialen Gewissen der Partei und Kurt Beck bemüht sich um den Ausgleich innerhalb der Partei. Wir brauchen gerade solche Politiker, selbst wenn die Ansichten in manchen Bereichen differieren und die Harmonie dadurch nicht immer gewahrt bleibt.

Hinzu kommt, dass in der SPD unterschiedliches Denken erlaubt sein muss, ohne dass mit Ausschluss gedroht wird. Das gehört zur Toleranz.

Ein Ausschluss aus der Partei sollte nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn ein Parteimitglied sich nicht mehr für die berechtigten Ansprüche auch benachteiligter Menschen einsetzen will oder unsere freiheitliche Grundordnung in Frage stellt.
01.08.2008 mr

 
 
Nachtrag vom 20.04.2010

Unsere Partei hat Wolfgang Clement nicht aus der Partei ausgeschlossen, sondern ihm nur eine Rüge erteilt (Bundesschiedskommission am 24.11.2008: „Damit bleibt es bei der von der Unterbezirksschiedskommission ausgesprochenen Rüge.“ /Link/. Wolfgang Clement hat dann von sich aus – vielleicht aus verletzter Eitelkeit? – das Parteibuch zurückgegeben. Aus unserer Sicht war eine Rüge gerechtfertigt, denn er hatte kurz vor der hessischen Landtagswahl nicht nur die Energiepolitik von Andrea Ypsilanti kritisiert, was u. E. berechtigt war, sondern die Spitzenkandidatin um einen möglichen Wahlerfolg gebracht, was sehr parteischädigend war. Einem so intelligenten und erfahrenen Mann wie Herrn Clement sollte das vorher klar gewesen sein. Wir hätten uns gefreut, wenn er sein nicht ganz korrektes Verhalten eingesehen und weiterhin innerhalb der Partei bei den oft ideologisch gefärbten Energiediskussionen kritisch mitgewirkt hätte. Schade, dass Herr Clement hier keine Größe gezeigt hatte.
20.04.2010 mr

 
 

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