6 Strukturelle Diskriminierung im Arbeitsleben

6 Strukturelle Diskriminierung im Alter im Arbeits- und Berufsleben

6.1 Entwicklung der Erwerbsbeteiligung älterer Menschen

Um der Frage nachzugehen, inwiefern in diesem Bereich von einer Diskriminierung ausgegangen werden kann, ist die Entwicklung der Erwerbsbeteiligung älterer Menschen zu betrachten. Nach dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes ergeben sich die nachstehenden Erwerbstätigenquoten (Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerungsgruppe):

6.1.1 Erwerbstätigenquote älterer Menschen (55 bis 64-Jährige)

 1989      2001      2005      2007
 37,7 %    37,6 %    45,4 %    51,5 %

Diese Zahlen belegen, dass der Anteil der älteren Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland niedrig ist. Im Vergleich zu anderen Ländern, wie z. B. Dänemark beträgt die Quote für 2007 61,8 %, für Schweden sogar 72,2 % (Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit).

6.1.2 Arbeitslosigkeit älterer Menschen

Bei der Betrachtung der Erwerbsbeteiligung älterer Menschen müssen des Weiteren die hohe Zahl der Arbeitslosigkeit erwerbswilliger älterer Menschen sowie auch die Langzeit-arbeitslosigkeit berücksichtigt werden. Die Arbeitslosenquote für die 50- bis 65-Jährigen liegt für das Jahr 2008 bei 9,8 % (bisher nicht veröffentlicht – auf Anfrage von der Bun-desagentur für Arbeit mitgeteilt). Das entspricht einer absoluten Zahl von 860.680. Für die vergangenen Jahre liegen keine Angaben für den Bereich der 50- bis 65-Jährigen vor. Die allgemeine Arbeitslosenquote liegt für 2008 bei 7,4 %.

6.1.3 Beendigung des Arbeits- und Berufslebens

Neben der Arbeitslosigkeit der älteren Menschen ist im Zusammenhang mit der Erwerbsbeteiligung auch deren Beendigung des Berufslebens, die Entberuflichung in Betracht zu ziehen. In Deutschland besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem gesetzlichen und dem tatsächlichen Renteneintrittsalter. Bei dem gesetzlichen Rentenalter von derzeit noch 65 Jahren beträgt bei Männern die Differenz durchschnittlich 4,0 Jahre, bei Frauen liegt sie sogar bei 4,6 Jahren (vgl. Bertelsmann Stiftung, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände). Darüber hinaus stellt die schrittweise Anhebung der „Rente mit 67“ ab dem Jahr 2012 einerseits eine notwendige Anpassungsmaßnahme an den demographischen Wandel dar, diese Maßnahme führt aber andererseits zu einer klaren Benachteiligung älterer Arbeitnehmer, da durch den Strukturwandel in der Wirtschaft zunehmend Arbeitsplätze verloren gehen und sozialverträgliche Kündigungen sowie Verrentungen mit erheblichen Rentenabschlägen die Folge sind. Auch die 1996 eingeführte Altersteilzeit stellt eine Maßnahme dar, die ältere Menschen früher aus dem Erwerbsleben ausscheiden lässt.

Im Hinblick auf die Erwerbsbeteiligung von älteren Menschen kann festgehalten werden, dass in Deutschland verglichen mit anderen europäischen Ländern ältere Arbeitnehmer eindeutig unterrepräsentiert sind. Die hohe Arbeitslosigkeit Älterer sowie die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen infolge von Restrukturierungen im Rahmen der Globalisierung seitens vieler Betriebe haben erheblich dazu beigetragen, dass sich dieser Trend gerade für die älteren erwerbsfähigen und erwerbswilligen Menschen weiter negativ auswirkt. Verstärkt wird dieser Trend durch die aufgetretene Finanz- und Wirtschaftskrise, die mit der Ankündigung des Verlustes von tausenden Arbeitsplätzen verbunden ist. Damit stehen auch die von diesen Maßnahmen betroffenen älteren Menschen unter erheblichem psychischem Druck, wenn man berücksichtigt, dass die Erwerbstätigkeit vordergründig der Einkommenssicherung dient, die Ausübung des Berufs aber auch eine wichtige Voraussetzung für den Gewinn von Selbstwertgefühl, Sinnerfüllung und sozialer Kompetenz sowie Anerkennung bedeutet. Die bewusste und gezielt geplante Ausgrenzung aus dem Arbeitsverhältnis stellt für die Betroffenen eine erhebliche Diskriminierung dar.

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