Eigenverantwortung und Rechtsfriede

Bundespolitik

Im Sommer 2009 hatten mehrere Senioren einen Finanzberater aus Speyer entführt und ihn in einem Auto-Kofferraum in das Haus eines der beteiligten Rentner am Chiemsee transportiert. Die Senioren wollten durch diese Entführung von dem Finanzberater ihre Geldeinlagen zurückholen.

Jetzt müssen sich die Rentner/Ruheständler wegen Geiselnahme und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht in Traunstein (Bayern) verantworten. - Diese Kriminal-Geschichte sei hier nur gestreift. /Link/

Die fünf Beteiligten entstammen der Mittelschicht (u. a. ein Ärzte-Ehepaar im Ruhestand und ein Bauunternehmer) und waren bisher unbescholtene Bürger. Sie glaubten nicht daran, dass sie mit Hilfe der Justiz wieder an ihr Geld kommen würden.

Natürlich darf die oft von staatlicher Seite gepriesene „Eigenverantwortung“ nicht so weit gehen, auch noch Straftaten (Selbstjustiz) zu begehen. In diesem Fall hätte die „Eigeninitiative“ vermutlich auch schon deshalb nicht zum Erfolg geführt, weil dieser „Finanzberater“ offenbar die Geldanlage verspekuliert hatte. Leider ist - allgemein gesehen - in weiten Teilen der Bevölkerung das Vertrauen in staatliche Organe – insbesondere auch in die Rechtspflege - verloren gegangen, dass sie sich für Belange der Bürger einsetzen.

Die Ruheständler hätten u. E. zunächst einen fähigen Anwalt (so einen muss man aber erst einmal finden!) einschalten und bezahlen müssen. Vermutlich wäre dann der Finanz-„Berater“, wenn ihm Untreue nachgewiesen worden wäre, irgendwann verurteilt worden. Die Ruheständler hätten dann ein Zivilverfahren anstrengen müssen, um ihr Geld einzuklagen. Im günstigsten Falle hätten sie das Verfahren gewonnen. Da aber bis dahin das Geld vom Finanz-„Berater“ verspekuliert oder zur Seite geschafft worden wäre, dürften die Ruheständler den Rechtsstreit dann zusätzlich (zumindest teilweise) auch noch bezahlen. D. h. die Ruheständler hätten zwar u. U. ein für sie positives Urteil in Händen gehabt, wären aber das Geld endgültig los gewesen.

Deutschland behauptet von sich, ein Rechtsstaat zu sein und in großen Teilen ist es auch so. Selbstjustiz, Blutrache und was es früher sonst noch so gab, sollten inzwischen durch das Vertrauen der Bürger, dass der Staat für Gerechtigkeit sorgt, ersetzt sein. Im Fall der vermutlich betrogenen Ruheständler hätte das bedeutet, dass sie bei der Justizbehörde ihre Probleme hätten vortragen können und dann die Justiz (Staatsanwaltschaft) unverzüglich dafür gesorgt hätte, den Fall optimal abzuarbeiten. D. h., wenn die Vorwürfe der Ruheständler zutreffend wären, hätte der Finanz-„Berater“, hinter Gitter verschwinden und das Geld - so weit noch vorhanden – sichergestellt und dann an die Betroffenen zurückgegeben werden müssen.

Unsere SPD sollte sich mit Nachdruck dafür einsetzen, dass gesetzlich die Wege so geebnet werden, dass unverantwortlich handelnde Finanz-„Berater“, Bank-„Berater“ u. ä. zur Verantwortung gezogen werden und für Schäden haften müssten. Dabei sollte es schon ausreichen, wenn der betreffende „Berater“ nicht nachweisen kann, dass er ordentlich gearbeitet bzw. zumindest nicht fahrlässig gehandelt hat. Außerdem sollten in der Rechtspflege verstärkt Maßnahmen (z. B. durch Gesetzgebung) getroffen werden, so dass strafrechtliche und zivilrechrechtliche Aspekte - wenn sinnvoll - viel mehr als zurzeit, in einem Vorgang abgehandelt werden. Dadurch würden zudem noch Kosten eingespart.

Damit hier kein Missverständnis aufkommt: Wir sind der Meinung, dass Reiche entsprechend hohe Steuern zu zahlen haben. Wir sind aber auch der Meinung, dass Reiche genauso Anspruch auf die Fürsorge des Staates haben, wie alle anderen auch. Wir haben kein Verständnis dafür, dass einige aus unserer Partei meinen, sie könnten den Schutz der Reichen vernachlässigen, weil es nicht ihre Klientel sei. Leider lässt die SPD oft die Bevölkerung in Vermögensangelegenheiten allein. Im Fall der Schrottimmobilien-Betrügereien z. B. waren gerade Menschen aus nicht so vermögenden Käuferschichten (wie beispielsweise die sonst gern zitierte Krankenschwester) hereingelegt worden.

Weiterhin erwarten wir, als eine Lehre aus der Finanzkrise, von unserer Partei, dass sie sich dafür einsetzt, dass Spekulieren - insbesondere auf Kosten anderer - erheblich eingeschränkt wird.
11.02.2010 r

 
 

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