Zur Hypothek der Nazizeit

Das Zitat „nach Gutsherrenart“ wurde aus dem Buch: „HALBGÖTTER IN SCHWARZ“ von ROLF BOSSI (Eichborn AG, Frankfurt am Main, März 2005, ISBN 3-8218-5609-2) entnommen. Auf Seite 17 dieses Buches geht es darum, wie die Strafzumessung in Strafprozessen erfolgt. Dann heißt es: „Trotzdem bleibt die Strafzumessung ein weites Feld - häufig für gewissenhafte, gründlich abgewogene Entscheidungen, manchmal aber eben auch für Urteile nach Gutsherrenart.

Zur Hypothek, die auf der Justiz noch heute aus der Nazizeit lastet, folgendes Zitat aus dem gleichen Buch ab Seite 24, unten:

(Zitatanfang)
„Die Hypothek der Nazizeit wurde nie getilgt. Niemals hat die bundesdeutsche Justiz, niemals hat der bundesdeutsche Rechtsstaat das perverse Unrechtsgebaren von Richtern in der Zeit des Nationalsozialismus konsequent und institutionell aufgearbeitet, bestraft oder gesühnt. Und niemals haben die Richter im historischen Bewusstsein der eigenen Fehlbarkeit am schönen Schein ihrer vermeintlichen Un-Fehlbarkeit gerüttelt. Statt historisch notwendiger Selbstkritik ist das richterliche Standesbewusstsein aus dieser Tradition heraus ins Unantastbare gewachsen. Dass Richter auch nur Menschen sind und wie alle Menschen nicht nur Irrtümern aufsitzen, sondern in ihren Ansichten auch manipulierbar sein können, wagt kaum einer in den eigenen Reihen zu denken - und erst recht nicht offen auszusprechen.

So gibt es, wie wir in Kapitel 10 sehen werden, bis heute eine traurige Kontinuität. Natürlich wird das Recht in der Bundesrepublik nicht mehr im Sinne staatlicher Willkür oder gar totalitärer Unterdrückung gebeugt. Aber es hat sich in der Nazizeit ein übler Hang unter den deutschen Juristen eingebürgert, Urteile nicht ausschließlich auf der Grundlage von Wahrheit und Gerechtigkeit zu fällen, und darauf hat man 1945 (wieder) aufgebaut. Achtzig Prozent der »furchtbaren Juristen« Hitlers wurden in den Staatsdienst der Bundesrepublik übernommen und rückten zum Teil in höchste Positionen auf - meist ohne dass ihre Verbrechen auch nur vor einem Gericht verhandelt worden wären. Ihren Ungeist haben sie offen oder verdeckt an große Teile der nachfolgenden Juristengeneration weitergereicht. Wohl hat dieses schmutzige Erbe der Nazirichter mittlerweile seine biologische Lösung gefunden. Aber das Schlimme ist, dass die deutsche Justiz diese schreckliche Erblast niemals institutionell abgeworfen hat. Der Ruf des »Nie wieder!« ist in Deutschlands Justizpalästen, wenn überhaupt, nur sehr verhalten erschallt. Willkür und Zweckmäßigkeit anstelle von Wahrheit und Gerechtigkeit konnten so in der Rechtsprechung untergründig fortleben.“ (Zitatende)

Bevor jemand behaupten möchte, die Richter bemühen sich immer, möglichst gerecht zu arbeiten und wenn einmal ein falsches Urteil angefertigt wurde, dann wird es in der nächsten Instanz korrigiert, dann sollte derjenige erst das Buch von Rolf Bossi ganz lesen. Für die anderen ist es auch lesenswert.

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