Du sollst nicht töten!

Europa

Todesstrafe im Kriegsfall und Tötung von Demonstranten zukünftig erlaubt?

Blanker Unsinn, werden viele sagen, die Todesstrafe ist in Deutschland gemäß Art. 102 Grundgesetz (GG) abgeschafft und ohne Gerichtsurteil dürfen sowieso keine Menschen hingerichtet werden. Dies kann sich aber ändern, wenn die Iren in einer erneuten Volksabstimmung am 02. Oktober 2009 dem EU-Vertrag von Lissabon zustimmen.

Laut Professor Dr. jur. Schachtschneider /Link/ ermöglicht dieser Vertrag die Wiedereinführung der Todesstrafe im Kriegsfall und das Töten von Menschen, um einen Aufruhr oder Aufstand niederzuschlagen /Link/. Die Ausführungen dazu sind in dem schwerlesbaren EU-Vertrag so geschickt versteckt, dass die Parlamentarier dies bei der Ratifizierung des Vertrages gar nicht bemerkt zu haben scheinen. - Zunächst ist festzuhalten, dass der EU-Vertrag von Lissabon Vorrang vor unserem Grundgesetz hat. Durch diesen Vertrag werden auch die „Charta der Grundrechte“ /Link/ und die „Erläuterungen“ /Link/ als deutsches Recht verbindlich.

Die Bestimmungen sind dabei juristisch so konstruiert worden, dass letztendlich die „Erläuterungen“ gültig sind. Hier werden die Ausnahmen vom Tötungsverbot angegeben und damit ist das Tötungsverbot („Recht auf Leben“ und Verbot der Todesstrafe) in Kapitel I, Artikel 2 der „Charta der Grundrechte“ zum Teil ausgehöhlt.

In den Erläuterungen zu Artikel 2 — „Recht auf Leben" steht u. a.:

„Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um
a) …
b) …
c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“.

Weiterhin steht in den o. g. Erläuterungen:

„Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden ...“.

Diese „Erläuterungen“, die wie oben ausgeführt gültiges Recht werden, sind nahezu beliebig dehnbar. Sind Hausbesetzungen, die Behinderung eines Castortransportes oder Demonstrationen gegen Aufmärsche der Rechten u. ä. bereits „Aufruhr“ oder „Aufstand“, den die Polizei dann auch durch Tötung von Beteiligten niederschlagen darf? Und wird nicht durch die Forderung nach bewaffneten Bundeswehreinsätzen im Inland die Schwelle, ab der dann solche Tötungen stattfinden könnten, erheblich gesenkt? – Und sind wir nicht derzeit im Krieg mit Afghanistan, so dass dann zum Beispiel in Deutschland die Todesstrafe für Deserteure oder sogar nur für Pazifisten und vermeintliche „Volksschädlinge“ (siehe /Link1/ und /Link2/ ) eingeführt werden könnte?

Die „offizielle“ Sprechweise Deutschlands ist, dass wegen der deutschen Unterschrift unter dem 13. Zusatzprotokoll zur Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) /Link/ die Todesstrafe in jedem Fall abgeschafft bleibt. Es gibt also zwei von Deutschland unterzeichnete Vertragswerke mit widersprüchlichen Aussagen. Erfahrungsgemäß können sich in einer solchen Situation Strafrechtler in juristischen Kommentaren „austoben“ und mit irgendeinem Kommentar wird sich auch der Vorrang für die Anwendung der Todesstrafe begründen lassen und irgendwann findet sich auch ein Richter, der dieses „EU-Recht“ anwendet.

Wir können Professor Schachtschneider nur beipflichten, wenn er fordert, dass, wenn alle Politiker behaupten, gegen die Tötung von Menschen durch Staatsorgane und die Todesstrafe zu sein, dies auch klar und eindeutig in den Vertragswerken zu stehen hat.


Im Übrigen weist Professor Schachtschneider auch darauf hin, dass die Ratifizierung des EU-Vertrags von Lissabon durch Deutschland ein Verstoß gegen unser Grundgesetz ist und zwar einfach aus dem Grund, weil damit unsere Demokratie ausgehöhlt wird. D. h., wenn Deutschland Entscheidungsbefugnisse an die EU abgeben möchte, darf dies eigentlich nur das Volk als Souverän in einer Volksabstimmung beschließen und nicht das Parlament. Weiterhin dürfen Entscheidungsbefugnisse nur an das Europäische Parlament als demokratisch gewähltes Organ gehen und nicht an die Europäische Kommission, die nur ernannt, aber nicht demokratisch gewählt worden ist. Im Übrigen darf m. E. auch zu Recht gefragt werden, ob der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Straßburg überhaupt ausreichend legitimiert ist, um z. B. gegen unser Verfassungsgericht entscheiden zu dürfen, allein schon deswegen, weil die Unabhängigkeit der EuGH-Richter nicht gewährleistet ist (u. a. wegen der Möglichkeit ihrer Wiederwahl).

Es ist immer wieder erschreckend, wie leichtfertig unsere Parlamentarier mit dem Grundgesetz umgehen. Auch das Verfassungsgericht hatte offenbar Hemmungen, die Unterschrift unter den Vertrag von Lissabon als verfassungswidrig zu erklären, sondern es hatte es mit ein paar Zusatzforderungen an unseren Gesetzgeber belassen /Link/.

Wir wünschen uns sehr, dass das Europaparlament und damit die Demokratie in Europa gestärkt werden.
Außerdem fordern wir, dass solche Verträge eindeutig und verständlich formuliert werden und dann das Volk darüber abstimmt.
Überarbeiteter Text vom 27.08.2009 gr

 
 

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