Keine Steuergeschenke, sondern Steuergerechtigkeit

Steuern & Finanzen

Mit Nachträgen vom 07.04.2012 und 16.05.2012

  • Wir sind für Steuergerechtigkeit!
  • Wir sind dafür, dass das Steuerabkommen mit der Schweiz nachgebessert wird /Link/,
  • ob anonym oder nicht, es muss sichergestellt werden, dass für Vermögen Deutscher in der Schweiz mindestens dieselben Steuern abzuführen sind, wie in Deutschland,
  • wir meinen, dass Steuersünder nicht nur in der Schweiz und in anderen „Steueroasen“, sondern auch in Deutschland aufgespürt werden müssen,
  • wir halten es für notwendig, dass vor allem in den CDU/CSU-regierten Bundesländern mehr Steuerfahnder einzusetzen sind, um große Steuersünder zur Kasse zu bitten,
  • die Gesetze sind so zu ändern, dass Wirtschaftskriminalität und Korruption wirksamer bekämpft werden können, und
  • die meisten Subventionen sollten abgebaut werden.

12.09.2011 r

Nachtrag vom 07.04.2012:

Steuer-Abkommen mit der Schweiz

Unsere schwarz-gelbe Bundesregierung hat mit der Schweiz ein Abkommen „über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt“ ausgehandelt /Link/ (pdf, 2,8 MB). In diesem Abkommen soll im Wesentlichen die nachträgliche Besteuerung von Schwarzgeldern auf Konten der Schweizer Banken geregelt werden. Wir meinen, dass diese Regelungen trotz Nachbesserungen unzureichend sind. Deshalb können wir unsere Partei nur bestärken, im Bundesrat gegen dieses Abkommen zu stimmen.

Die Regierung argumentiert, dass mit dem Abkommen ein Dauerstreit zwischen der Schweiz und Deutschland beendet würde. Außerdem wird mit viel Geld, das dann von Schweizer Banken über eine Behörde in der Schweiz an unsere Bundesländer und Kommunen fließen würde, gelockt.

In dem Abkommen ist vorgesehen, dass in Deutschland ansässige Personen mit Konten in der Schweiz vor die Wahl gestellt werden, entweder

  • ihre Konten dem deutschen Fiskus offenzulegen oder
  • eine einmalige im Abkommen festgelegte Steuer auf das Kapital zu zahlen, wobei Anonymität gewahrt bliebe, oder
  • das Vermögen vor In-Kraft-Treten des Abkommens von Schweizer Banken wo anders hin zu transferieren.

Für ein Vermögen, das weiterhin auf Schweizer Banken bliebe, sind dann Gewinne zu versteuern; entweder zöge die Schweiz anonym eine Abgeltungssteuer ein oder das Konto würde in Deutschland gemeldet.
Weiterhin verpflichten sich beide Vertragsparteien, keine Banken im jeweiligen anderen Land auszuspionieren (z. B. durch Kauf von „Steuer-CDs“) und Besitzer von Konten in der Schweiz nicht mehr steuerrechtlich und strafrechtlich zu verfolgen. In begründenden Fällen dürften deutsche Finanzbehörden die Schweizer Finanzbehörden um Auskunft ersuchen (die Anzahl der Anfragen ist beschränkt).

Erster Kritikpunkt: Wir haben versucht, die „Berechnung des Steuerbetrages“ im Anhang 1 des Abkommens nachzuvollziehen. Wir meinen, dass die Formel fast immer Steuersätze in der Nähe des Minimums (19 % bzw. nach der Änderung 21 %) liefert und nicht den Maximalsatz (von 34 % bzw. nach der Änderung 41 %) annimmt. Die Höhe des Kapitals spielt bei dem Prozentsatz für die Steuer keine Rolle. Da man annehmen darf, dass die Vermögen, um die es geht, nicht gerade klein sind, sollte der Prozentsatz für die anonym zu zahlende Steuer beim Maximalsatz angesiedelt werden. Außerdem müsste in Anhang 1 genau erklärt werden, was „Wertsteigerungen“, „Rückflüsse“, „Zuflüsse“ und „Abflüsse“ bedeuten und wie sich das genau „kompensieren“ soll. Da ja die Steuer anonym erhoben werden soll, kann hier möglicherweise die zu zahlende Steuer - ohne Kontrolle - beliebig „kleingerechnet“ werden. Unklar ist auch, was der Satzteil „wird diese Größe gleich Null gesetzt“ bedeutet (Kr=0 oder Kr =(n/8)•Kb?).

Wir meinen, wenn man schon Steuersündern die Gelegenheit geben möchte, den Schaden wieder gutzumachen, dass dies mindestens so geschehen muss, dass Steuersünder nicht besser gestellt werden als die Steuerehrlichen. Die Formeln im Anhang 1 sollten nochmals grundsätzlich überarbeitet werden!

Zweiter Kritikpunkt: Es gibt kaum Kontrollen, ob die Steuer wirklich so, wie im Abkommen vorgesehen, erhoben wird. Die Schweizer Behörden brauchen nur stichprobenartig zu prüfen und es gibt keine Kontrolle darüber, ob diese auch wirklich erfolgt. Es müsste z. B. auch später möglich sein, wenn deutsche Behörden dann, wenn sie - egal auf welche Weise - von Personen erfahren haben, die Geld auf einem Schweizer Konto haben, dieses Wissen zwar nicht mehr gegen (mutmaßliche) Steuersünder verwenden dürften, dass aber ein deutscher Vertrauensmann (Finanzbeamter) in die Schweiz fahren dürfte und seine Daten mit denen der Schweizer Behörde vergleichen darf und so stichprobenartig die Einhaltung des Abkommens überprüfen könnte.

Dritter Kritikpunkt: Steuersündern wird die Gelegenheit gegeben, ihr Kapital vor In-Kraft-Treten des Abkommens abziehen zu können. Für diesen Fall sollte zumindest die im Abkommen vorgesehene anonyme Steuererhebung durchgeführt werden.

Vierter Kritikpunkt: Wir haben in o.g. Abkommen nicht entdeckt, was mit dem Kapital geschieht, das nach In-Kraft-Treten des Abkommens von in Deutschland ansässigen (natürlichen und juristischen) Personen auf Schweizer Banken transferiert wird. Dieses Kapital müsste dann nach deutschem Recht versteuert werden.

Insgesamt gesehen ist es zu begrüßen, dass der Finanz- und Steuerstreit zwischen der Schweiz und Deutschland beigelegt werden soll. Das ausgehandelte Abkommen scheint uns aber dazu ungeeignet zu sein, weil es neben den o. g. Kritikpunkten zu kompliziert formuliert ist. Das schürt Misstrauen, ob es nicht Schlupflöcher enthält, die nur von Fachleuten - wenn überhaupt - vor Vertragsabschluss erkennbar sind. Das einzig sicher fließende Geld ist „eine Vorauszahlung in der Höhe von 2 Milliarden Schweizer Franken“ (Art. 15, Abs. (2) des Abkommens), mit dem aber dann die zu erwartenden Steuerzahlungen verrechnet werden sollen. Finanzminister Schäuble (CDU) erhofft sich insgesamt eine Nachzahlung von ca. 10 Milliarden Euro. Unser Parteivorsitzender Sigmar Gabriel geht von viel weniger aus und erhält dabei Unterstützung vom ehemaligen Schweizer Nationalrat Strahm. - Wir meinen, wenn Vermögenswerte in der Größenordnung von 100 Milliarden Euro aus Deutschland auf Schweizer Banken vermutet werden, dann sollten mehr als 30 Milliarden Euro an den deutschen Fiskus fließen.

Um in Ruhe verhandeln zu können, wäre aus unserer Sicht zunächst die Verjährungsfrist für Steuervergehen auf 20 bis 30 Jahre hoch zu setzen, wobei man es für Steuernachzahlungen bis 50 000 Euro bei der jetzigen Verjährungsfrist von 10 Jahren belassen könnte.

Weiterhin muss es der Schweiz völlig klar werden, dass es Deutschland nicht mehr dulden kann und wird, dass die Schweiz die Straftat - Steuerhinterziehung - unterstützt (dies gilt auch für andere „Steuerparadiese“).

Außerdem müssen in unseren Bundesländern mehr Steuerbeamte eingestellt werden (s. unseren Artikel). Gerade hat z. B. der Bayerische Rechnungshof angemahnt, dass dem bayerischen Fiskus viele Steuern entgehen, weil zu wenig Beamte da sind. Es ist für andere Staaten kein gutes Vorbild, wenn diverse deutsche Landesregierungen große Steuervergehen nur halbherzig oder überhaupt nicht verfolgen. Bei unserem Steuerrecht scheint einiges im Argen zu sein.

Frankreich, Deutschland u. a. sollen mittels diverser „Euro-Rettungsschirme“ verschuldeten Euro-Ländern helfen. Damit das überhaupt funktionieren kann, muss - neben der sparsameren Staatshaushaltsführung - erreicht werden, dass Steuergelder, die in diesen Ländern hinterzogen werden, nicht mehr in „Steuerparadiesen“ deponiert werden können. Dazu sollte das Abkommen mit der Schweiz beitragen.

Um auf die Abstimmung über das o. g. Abkommen mit der Schweiz zurückzukommen: Wir können unseren SPD-Regierungen in den Bundesländern nur zustimmen, wenn sie im Bundesrat dieses Abkommen mit der Schweiz ablehnen.
07.04.2012 mr

08.04.2012: In seinem Kommentar vom 06.04.2012 in der taz weist Herr Kreutzfeldt darauf hin, dass mit dem Abschluss von bilateralen Abkommen die Bemühungen der EU unterlaufen werden, zu einem „standardisierten, automatischen Informationsaustausch über Kapitalflüsse“ zu kommen und dies auch gegenüber Drittstaaten /Link/.

Nachtrag vom 16.05.2012:

Unser Parteivorstand beantwortete unsere Bedenken zum Steuerabkommen mit der Schweiz wie folgt (Text leicht gekürzt):

„Die SPD lehnt das Steuerabkommen mit der Schweiz ab. Sigmar Gabriel kündigte an, das Vorhaben im Bundesrat zu stoppen. Der Grund: Zu viele Schlupflöcher. So werde Steuerbetrug legalisiert – ‚eine Ohrfeige für alle ehrlichen Steuerzahler‘, kritisierte der Parteichef.“ (…) „Unter anderem, weil eine mögliche Einkommensteuerschuld damit nicht beglichen ist.“ „Scharfe Kritik gibt es vor allem aber an dem geplanten Zeitpunkt des Vollzugs. So ist nach dem Abkommen vorgesehen, dass die Regelung erst Anfang 2013 in Kraft treten soll. Damit, so auch die Kritik von Experten, hätten nun Steuerhinterziehen viele Monate Zeit, ihr Geld in andere Steueroasen zu überführen. Zum Beispiel nach Singapur, wo die großen Schweizer Banken Niederlassungen unterhalten. Gleichzeitig soll es deutschen Behörden auch in dem Übergangszeitraum nicht mehr erlaubt sein, gegen Steuerhinterzieher ermitteln zu können.“ (…) „Die SPD fordert darum, zumindest den Vollzug rückwirkend zum September 2011 umzusetzen, als die Basis des Abkommens zwischen beiden Ländern unterzeichnet wurde.“ „Darüber hinaus spricht sich Parteichef Gabriel für eine Konzentration der Strafverfolgung bei einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft aus. Sie müsse sich auch mit den organisierten Strukturen der Steuerhinterziehung, also der aktiven Unterstützung der Straftat durch Banken in der Schweiz befassen.“ (…) „Schätzungen zufolge liegt bei Schweizer Banken deutsches Schwarzgeld in dreistelliger Milliardenhöhe. Geld, das für den Erhalt öffentlicher Infrastruktur wie Schulen, Straßen, Kultureinrichtungen, fehlt – obwohl die Steuerhinterzieher diese Struktur und öffentlichen Leistungen in Anspruch nehmen. ‚Schweren Sozialmissbrauch‘ nennt das Parteichef Sigmar Gabriel.“
Siehe auch /Link/
16.05.2012 r

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