(Mit einem Nachtrag vom 09.08.2011)
Vor kurzem waren zwei von uns als Beobachter einer Zeugenvernehmung vor Gericht: Ein Rentnerehepaar wollte im Jahr 2007 eine größere Summe aus einem Immobilienverkauf jederzeit verfügbar für etwa drei Jahre sicher und gewinnbringend bei einer Bank „zwischenparken“. Ihnen wurde schließlich ein Zertifikat mit einer sogenannten Barriere verkauft.
Die Verzinsung einschließlich des Bonus war wesentlich höher als bei festverzinslichen Papieren. Falls aber der Nikkei-Index irgendwann in diesem drei-Jahres-Zeitraum um 40 % oder mehr fällt, hat auch das Zertifikat nur noch den Wert proportional zum Nikkei-Index und der Bonus ist weg. In diesem Fall sank der Nikkei-Index nach über einem Jahr um mehr als 40% und damit waren auch über 40 % des für das Zertifikat gezahlten Geldes weg. Vor Gericht machten sie nun geltend, dass sie nicht richtig beraten worden seien. Das Gericht versuchte zu ergründen, wie die Beratung wirklich verlaufen war. Nach knapp drei Jahren gab es aber schon Erinnerungslücken und Widersprüche.
Allein schon aus dem Aushang vor dem Sitzungssaal und der Art, wie das Gericht an die Sache heran ging, konnte man erkennen, dass dieser Richter häufig mit solchen Verfahren zu tun hat. Weiterhin hatten unsere Beobachter den Eindruck, dass die Bank erst einmal am längeren Hebel sitzt, denn sie sorgt dafür, dass genügend „Papier“ da ist, das zu Gunsten der Bank ausgelegt werden kann. Der Anleger muss dann die Falschberatung nachweisen. Der Richter sagte zutreffend dazu, er war bei der Beratung nicht dabei.
Ab dem 1.1.2010 hat der Gesetzgeber eingeführt, dass der Investment-Berater (die richtige Berufsbezeichnung wäre Wertpapierverkäufer) die Beratung protokollieren muss. Es zeichnet sich aber jetzt schon ab, dass solche Protokolle oft so im Sinne der Bank abgefasst werden, dass die Gerichte wohl weiterhin damit beschäftigt werden, zu prüfen, ob das von der Bank verkaufte Wertpapier dem entsprach, was der Kunde wollte. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, den betreffenden Gesetzes-Artikel präziser zu fassen:
Das Protokoll sollte nicht nur die Dauer, sondern auch genaue Orts- und Zeitangaben des Beratungsgespräches beinhalten, weiterhin die Spesen für den Berater und für sonstige Vermittler und außerdem, wie viel Prozent des angelegten Kapitals der Anleger im schlimmsten Fall als Verlust tragen will und wann ein solcher Verlust eintreten kann. Und das in knappen und schlichten Worten, die dem Anleger verständlich sein müssen. Bis mindestens 24 Stunden nach Ende des Beratungsgesprächs – treffender: des Verkaufsgesprächs, denn der „Berater“ bietet nur die Produkte seiner Bank an – sollte der Anleger ein Rücktrittsrecht haben, wobei ihm bekannt sein muss, wo er das Rücktrittsrecht termingerecht ausüben kann. Die Unterschrift des Anlegers unter dem Beratungs-Protokoll soll grundsätzlich nur bestätigen, dass das Gespräch stattgefunden und er eine Kopie des Protokolls erhalten hat und sonst nichts weiter.
Die Politiker sollten zusammen mit den Finanz-Fachleuten Lösungen finden, wie man das Unwesen mit den Zertifikaten und ähnlichen Papieren eindämmen kann. Unser Bundespräsident sagte einmal im bayerischen Fernsehen, dass diese Papiere nicht innovativ seien. Anders gesagt, sie sind überflüssig. Wir halten nur Wertpapiere, die zur Finanzierung von Arbeitsleistungen und Sachwerten dienen, für sinnvoll. Also nur Schuldverschreibungen und Aktien, vielleicht noch zur Verteilung des Risikos Fonds, die nur Aktien und Schuldverschreibungen enthalten sollten. Das Eigenkapital bzw. die Eigenleistung des Gläubigers darf einen gesetzlich festgelegten Prozentsatz nicht unterschreiten. Wir glauben, dass neben einer verfehlten Finanzpolitik vor allem in den USA auch die Unmassen (mehr als 100000?) von Zertifikaten und Finanzwetten zur Finanzkrise beigetragen haben.
Jetzt ist Deutschland schon wieder dabei, Milliarden von Euros weiterhin in Banken zu „stopfen“ und auch noch Griechenland finanziell zu stützen. Wobei offenbar auch die Kredite an Griechenland mehr den Banken und vermutlich auch der deutschen Industrie dienen werden als den Griechen selbst. Denn die Probleme mit Griechenland waren in der EU schon länger bekannt, sie wurden nur ignoriert, weil viele gut daran verdient haben. Wir sind der Meinung, dass neue Kredite und Bürgschaften erst dann gegeben werden sollten, wenn eine europäische Finanzpolitik und wirksame Finanzaufsicht durchgesetzt worden ist, wobei der Staat das Sagen hat und die Banken wieder Finanzierungsinstitute werden und keine Wettbüros mehr sind. D. h. das Investmentbanking sollte erheblich eingeschränkt werden, weil dort u. E. die Finanzblasen fabriziert werden. Auch für die Hedgefonds sollten Schranken existieren (es gibt auch gute Hedgefonds, für die man diese Schranken nicht bräuchte). Weiterhin müssen die Staatsfinanzen aller Euroländer wirksam zentral überwacht werden.
Außerdem ist eine Finanztransaktionsteuer durchzusetzen und Manager sind ebenfalls am Risiko zu beteiligen. Weiterhin sollte geprüft werden, ob nicht die steuerliche Berücksichtigung von Schuldzinsen abgeschafft werden sollte, um damit ein großes Steuerschlupfloch zu schließen.
Wir hoffen, dass sich Bundeskanzlerin Merkel, Finanzminister Schäuble und das Parlament endlich dafür einsetzen, dass in Zukunft das Steuergeld der Bürger und die Verbraucher gegenüber den Banken besser geschützt werden als bisher und erst dann weitere Kredite vom Staat vergeben werden, wenn die o. g. Maßnahmen europaweit umgesetzt worden sind. Wir glauben zwar, dass Deutschland Griechenland und damit dem Euro beistehen muss, jedoch meinen wir , dass Deutschland das Recht hat, dafür von Griechenland Haushaltsdisziplin und von den Banken Beteiligung wegen des Finanzdesasters - aufgrund von Spekulationsgeschäften - verlangen zu dürfen.
(Lies bitte auch hier!)
02.05.2010 the watcher
Nachtrag vom 09.08.2011
Heute erreichte uns von einem Leser ein Hinweis auf den ZEIT ONLINE-Artikel zur „Anlagenrechtsprechung“: „Im Zweifel gegen den Kunden“
09.08.2011 Die Redaktion