Wege in die Zukunft (Teil 2a)

Bundespolitik

Digitalzeitalter

 

Inzwischen findet ein wesentlicher Teil der Kommunikation im Netz statt und viele Dienstleistungen werden auf elektronischem Weg erbracht bzw. geregelt. Die Zeit des ungezügelten Umgangs mit der Digitaltechnik sollte deshalb vorbei sein. Wir brauchen teilweise neue Regelungen für den Umgang mit dem Internet oder müssen endlich die vorhandenen Gesetze konsequent auch auf im Internet begangene Straftaten anwenden.

Beispiel:
§ 185 StGB
Beleidigung
Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

/Link/

Das Strafgesetzbuch (StGB) macht keinen Unterschied, wo und auf welche Art die Beleidigung erfolgt. Das gilt auch für andere Straftaten. Leider wird das offenbar von manchen Gerichten anders gesehen.

Beispiel: Die 27. Zivilkammer (Pressekammer) des Landgerichts Berlin hat am 09.09.2019 (Az.: 27 AR 17/19) entschieden, dass Frau Künast (Bündnis 90/Die Grünen) üble Beschimpfungen auf Facebook hinnehmen muss /Link/. Laut Anwalt der Frau Künast haben Richter am Landgericht Berlin auf angeblich andere Maßstäbe bei Debatten im Netz hingewiesen Das Gericht meinte (sinngemäß), auch üble Beschimpfungen, die Frau Künast im Netz erfahren musste, seien durch die Meinungsfreiheit abgedeckt und Frau Künast sei ja auch für pointierte Äußerungen bekannt. Diese Rechtsauffassung der betreffenden Richter ist für viele Menschen einschließlich Juristen nicht nachvollziehbar und u. E. auch nicht vertretbar. Insbesondere können wir keinen Grund dafür erkennen, dass im Netz andere Maßstäbe gelten sollen als sonst. Das Gericht hat seinen Beschluss später zu Gunsten von Frau Künast zwar leicht, aber aus Sicht vieler völlig unzureichend, geändert.
Siehe Medien (z. B. /Link1/) und den /Link2/.

§ 185 StGB „Beleidigung“, § 186 StGB „Üble Nachrede“, § 187 StGB „Verleumdung“, §188 StGB „Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens“, § 189 StGB „Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener“ gelten unserer Auffassung nach auch ohne jegliche Einschränkung bzw. Unterschied im Netz.

Die Pflicht der Gerichte (und der Staatsanwaltschaften) gegen Beleidigungen, Hasskommentare, Drohungen usw. vorzugehen, ergibt sich u. E. schon aus § 190 StGB „Wahrheitsbeweis durch Strafurteil“:
Ist die behauptete oder verbreitete Tatsache eine Straftat, so ist der Beweis der Wahrheit als erbracht anzusehen, wenn der Beleidigte wegen dieser Tat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Beweis der Wahrheit ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Beleidigte vor der Behauptung oder Verbreitung rechtskräftig freigesprochen worden ist.

Unseres Erachtens sind gemäß § 190 StGB die gegen Frau Künast auf Facebook von anonymen Nutzern eingestellten boshaften Äußerungen grundlos - denn ihr war kein Fehlverhalten zuzuschreiben - und daher als schwere Beleidigungen zu ahnden. Ob bei diesen Beleidigungen auch eine Straftat gemäß § 238 StGB „Nachstellung“ (Neudeutsch: Staking) vorliegt, hätten u. E. die Richter zusätzlich prüfen müssen.

Wenn die Rechtsprechung also solche Straftaten wie im Fall Künast nicht ahndet, dann können Beleidigungen, Hasstiraden, Bedrohungen u. E. ungestraft fortgesetzt werden. In der Vergangenheit sind durch Hasstiraden und Drohungen andere Menschen aufgeputscht und animiert worden, tätlich vorzugehen und einige schrecken dann auch nicht einmal vor Mord zurück.

Wir halten Frau Künast für sehr tapfer, dass sie sich gegen diesen richterlichen Beschluss wehrt, denn der Kampf mit u. E. unfairen Gerichten ist sehr kräftezehrend. Wir wünschen ihr Erfolg und dass sie damit bewirkt, dass die Rechtsprechung in diesem Punkt verbessert wird.

Wir bitten unsere Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) klarzustellen, dass ggf. Straftaten u. U. im Internet härter zu bestrafen sind als außerhalb des Internets, weil durch das Netz mehr Personen erreicht werden können. Offenbar arbeitet ihr Ministerium und viele Abgeordnete bereits daran, sie werden aber von vielen Politiker aus der Union, die u. E. immer noch „im braunen Sumpf fischen“, gebremst oder sogar ausgebremst.

Aus unserer Sicht könnte hier das Problem noch an einer anderen Stelle sein. Das Berliner Landgericht hätte Facebook auffordern müssen, die Namen und Anschriften der Personen, die die Beleidigungen ins Netz gestellt haben, dem Gericht oder an Frau Künast zu übergeben und das Gericht war u. E. nicht willens, dieses Problem anzugehen. Dabei gibt es schon eine aus unserer Sicht undurchsichtige, gesetzliche Regelung dazu, nämlich das „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ /Link/.

Es ist gesetzlich klarer bzw. eindeutig zu regeln, dass Gerichte jede Internetfirma unter Ankündigung von Strafe auffordern können, Inhalte, die gemäß § 185 bis § 189 StGB und § 238 strafbar sind oder sonst wie in verleumderischer oder betrügerischer Absicht eingestellt wurden, schnell zu löschen. Dies muss innerhalb von 24 h nach Antrag eines Betroffenen oder eines Gerichtes geschehen. Unabhängig davon kann der Betroffene die Internetfirma selbst aufzufordern, Inhalte zu löschen. Sie wird dem vermutlich nur nachkommen, wenn sie sonst vom Gericht eine Bestrafung zu erwartet hätte. Zusätzlich wäre noch eine gerechte Schmerzensgeldregelung einzuführen. Z. Z. wird wohl die Notwendigkeit gesehen, eine solche Stelle mit geschultem Personal einzurichten.

Es ist gesetzlich zu regeln, dass Gerichte ggf. jede Internetfirma unter Ankündigung einer Strafe auffordern können, Klarnamen, E-Mailadresse und IP Adresse ihres PCs von ihren Nutzern, von denen vorher nur ihr Aliasname oder der beanstandete Inhalt bekannt ist, dem Gericht herauszugeben. Die betroffene Internetfirma darf sich dagegen nur auf dem Rechtsweg wehren. Alle Internetfirmen sind verpflichtet, diese Daten bis zu einem Jahr nach dem letzten Kundenkontakt oder bis nach Ende eines dazu laufenden Rechtsstreites zu speichern (jedoch nicht öffentlich zugänglich).

Womit wir nun bei der Vorratsdatenspeicherung sind.

Die Gefahr besteht u. E. hier nicht bei den gespeicherten Daten als solche, sondern ihr ungenügender Schutz vor unbefugten oder nicht dokumentierten Zugriffen bzw. die Weitergabe dieser Daten und deren Verwendung für andere Zwecke als sie ursprünglich erhoben worden sind.
Die Handhabung von Daten muss durch Gesetze geregelt sein. Die allgemeine Einholung einer pauschalen Erlaubnis für die (personifizierte) Datenspeicherung der Betroffenen durch ein Unternehmen sollte gesetzlich zumindest stark eingeschränkt oder gar untersagt sein. Unternehmen sollten nur solche Daten speichern dürfen, die sie für ihre Geschäftsbeziehungen unbedingt benötigen. Hinnehmbar ist u. E., wenn (Internet-)Firmen anonymisierte Daten, z. B. für Statistiken oder Daten für Werbung sammeln, ohne diese Daten weiter zu geben, weder freiwillig noch sich stehlen zu lassen.

Hier helfen nur entsprechende, spürbare Strafen für Betreiber unzureichend geschützter Datensammlungen. Die Strafen müssen höher sein als die eingesparten Kosten für eine sicherheitsbewusste Verwaltung der Daten. Das gilt auch für Cloudbetreiber. Es ist technisch die Forderung zu prüfen, ob Daten grundsätzlich nur ausreichend verschlüsselt in einer Cloud abgelegt werden dürfen. (Wir sind keine EDV-Fachleute, um das beurteilen zu können.) Probleme, die dabei entstehen, dass der Cloudbetreiber auch Dienstleistungen für gespeicherte Daten anbieten möchte, sind hinreichend zu klären. Auf keinen Fall wollen wir einen „Tag der offenen Tür“ bei Computer, Server und Netzwerken haben. Es gab in der Vergangenheit zu viele Datenlecks (Datenleaks). Die Datensicherheit muss wichtiger sein, als zu schnell erfolgte Weiterentwicklungen, um Geschäfte zu machen oder sich (z. B. als Politiker) profilieren zu wollen.

Jeder Betreiber einer Internetseite ist verpflichtet, die ihm anvertrauten Daten vor unberechtigtem Zugriff zu schützen. Er darf Daten nur an Firmen zum Zweck der Zuarbeit für den Internetbetreiber weitergeben. Auch in diesem Fall bleibt der ursprüngliche Betreiber verantwortlich für die Daten. Die Weitergabe von Daten (z. B. Verkauf) aus seinem Verantwortungsbereich ist verboten und zu bestrafen.

Soll von einer Internetseite der Besitzer oder die Intention der Seite geändert werden, sind alle Nutzer mindestens sechs Monate vorher zu informieren. Die Nutzer haben dann drei Monate lang Zeit, nachdem sie diese Information erhalten haben, ihre Daten löschen zu lassen.

Internetadressen, die nicht ordnungsgemäß übergeben werden können, sind zurückzugeben und müssen dann mindestens für drei Jahre gesperrt werden. Die Weitergabe (z. B. Verkauf) von Internetadressen ist nur erlaubt, wenn kein Missbrauch damit erkennbar ist. Zum Beispiel muss für Internetadressen, die mit „.de“ enden, auf dem Rechtsweg eine Löschung der betreffenden Internetadresse bei der DENIC /Link/ durchsetzbar sein.

Bei unentgeltlich zur Verfügung gestellten Diensten besteht die Löschungspflicht auf Antrag sofort.

Jede Firma hat für die von ihr verkaufte Soft- und Hardware zumindest dafür zu garantieren, dass sie ohne Datenlecks ist, und hat dafür zu haften.

Hersteller, Lieferant und Nutzer von Software sind dafür verantwortlich, dass die Daten sicher gespeichert werden. Je nach Schwere des Datenlecks sind für gestohlene Daten bis zu 10 % ihres Jahres-Umsatzes als Strafe und unbegrenzt Schadenersatz fällig.

Unser Vorschlag: Evtl. pro Fall einen Katalog erstellen: E-Mailadresse 10 €, sonstiger Benutzernamen 20 €, Nachname 20 €, Vorname, Titel 20 €, Passwort 50 €, Geburtsdatum 50 €, Bankkonto 50 €, Kranken- Rentenversicherungsnummer o. ä. 100 €, intime Daten, z. B. über Erkrankungen 100 € bis 2000 €, Geschäftsberichte 100 € bis 2000 € als Mindestsummen falls kein höherer Schaden entstanden ist.

Selbst bei scheinbar so niedrigen Beträgen im Einzelnen, können u. U. Strafen und Schadensersatzforderungen im Milliarden Euro Bereich entstehen.

Wir schätzen, dass gemäß unseres Kataloges für das im Januar 2020 entdeckte riesige Datenleck beim Autovermieter Buchbinder auf Grund dieser Tabelle Strafen und Schadensersatzforderungen in mehreren Milliarden Euro Höhe entstehen würden. Es waren weder Hacker noch Cyberkriminelle am Werk, sondern der Server, auf dem die Daten gespeichert waren, war - grob fahrlässig - ungesichert und für jedermann zugänglich /Link/.

Ab grober Fahrlässigkeit wäre zusätzlich eine Freiheitsstrafe denkbar. Von grober Fahrlässigkeit ist immer dann auszugehen, wenn der/die für ein Datenleck Verantwortliche/n auf das Datenleck hingewiesen wurde/n, aber der/die Verantwortliche/n nichts unverzüglich dagegen unternommen hat/haben.

Auch der Gesetzgeber ist schadensersatzpflichtig und macht sich u. U. strafbar, wenn er Privatpersonen oder Firmen gesetzlich verpflichtet, für bestimmte Dienstleistungen das Internet zu nutzen, ohne ihnen eine sichere Methode, die auch für Laien verständlich ist, anzubieten. Beispiel: Die elektronische Gesundheitskarte und die elektronische Identifizierung von Ärzten; beides ist aus unserer Sicht noch unausgereift /Link/.

Es muss verboten sein, dass staatliche Institutionen ihre Internetseiten auch dazu benutzen dürfen, ihre Internetbesucher heimlich auszuspähen bzw. die Voraussetzung dafür zu schaffen. Es wäre u. E. kriminell, wenn jemand elektronisch seine Steuererklärung an sein Finanzamt übermittelt und erhält dabei heimlich eine vom Verfassungsschutz erstellte Spähsoftware eingespielt.

Es sollte bei der Kriminalpolizei ein Portal eingerichtet werden, zu dem jede Person E-Mails oder Sonstiges auf elektronischem Weg weiterleiten kann, durch die sie sich belästigt oder bedroht fühlt.

Es sollte grundsätzlich verboten sein, dass Internetbetreiber es Dritten erlauben, Daten von ihren Kunden einzuholen. Werbung, die Daten „absaugt“, hat ein Internetbetreiber auf seiner Seite nicht zuzulassen (Verbot von Verfolgung, englisch Tracking).

Alle unerlaubten Zugriffe auf fremde Rechner sollten strafbar sein, in schweren Fällen mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe, auch wenn die Straftat vom Ausland her begangen wird. Zeigt der betreffende Staat keinen erkennbaren Aufklärungswillen, so kann das zu Sanktionen gegen diesen Staat führen.

Insgesamt gesehen, müssen unsere staatlichen Organe dafür sorgen, dass im Internet genauso wie auch sonst in der Zivilgesellschaft Regeln einzuhalten sind und keinen gesetzesfreien Raum bieten darf (hier sollte sich auch unsere Justiz angesprochen fühlen). Gerade im Kampf gegen Rechts erscheint uns das als geboten. Es ist der falsche Weg, wenn z. B. in der Bundeswehr der Soldat entlassen wird, der rechte Umtriebe meldet und nicht diejenigen, die wegen der rechten Gesinnung auffällig geworden sind /Link/. Hier müsste Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer (CDU) konsequenter eingreifen, da sich die Führung der Bundeswehr dazu bisher offensichtlich als unfähig erwiesen hat.

Außerdem müssten die Kartellwächter in Deutschland, wenn möglich besser noch in der EU, darüber wachen, dass die Macht einzelner Internetriesen nicht zu groß wird und dies notfalls unterbinden.
15.03.2020 mr

Zu "Wege in die Zukunft (Teil 1)"

 

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