Im Hauptartikel „Energie- und Klimapolitik“ wurden u.a.
- die Gewinnung von Energie als Wärme aus der Tiefe (Tiefe Geothermie) und
- die Nutzung der im Grundwasser gespeicherten Energie (Oberflächennahe Geothermie)
erwähnt.
Im ersten Fall wird kaltes Wasser durch ein Bohrloch mehrere 1000 m tief in die Erde gepresst, das Wasser erhitzt sich und wird durch ein weiteres Bohrloch wieder nach oben geführt und kann dann zum Heizen einer Siedlung oder zur Stromgewinnung genutzt werden.
Im zweiten Fall wird durch ein oder mehrere Bohrlöcher je eine Sonde bis über 100 m tief in eine Schichtung, in der Grundwasser fließt, gebracht. Durch diese Sonde wird dann eine Wärmeträgerflüssigkeit (normalerweise Wasser) mit ca. 5° C gepumpt, das durch das Grundwasser auf ca. 10° C erwärmt wird und in eine Wärmepumpe zurückfließt. Eine Wärmepumpe kann für ein Haus oder größeres Gebäude genutzt werden.
Sowohl die (Groß-)Anlage zur Gewinnung der Wärme als auch die Wärmepumpe mit Sonde müssen fachgerecht erstellt und betrieben werden. Dann kann die Erdwärme einen wesentlichen Anteil zur zukünftigen Energieversorgung beitragen.
Es besteht jedoch in beiden Fällen das Risiko, dass diese Technik im Extremfall zu großen Bauschäden in einer ganzen Stadt führen kann.
Im Folgenden zu beiden Techniken je einen solchen Fall:
Tiefe Geothermie:
Am 08. Dezember 2006 hat ein Erdstoß Basel und Umgebung mit einer Stärke von 3,4 Punkten auf der Richterskala erschüttert. Es gab keine Verletzten, aber einige Sachschäden. Ursache für das Erdbeben waren Arbeiten am Erdwärmeprojekt "Deep Heat Mining". Seit Anfang Dezember 2006 wurde dort Wasser durch eine fünf Kilometer tiefe Bohrung in das Gestein gepumpt, um die Durchlässigkeit des Gesteins zu erhöhen. Konkret sei das "Einpressen des Wassers" Ursache für das Beben gewesen, hieß es in der Firmenmitteilung. Das Einpressen von Wasser wurde daraufhin gestoppt und Wissenschaftler mit den Untersuchungen dazu beauftragt.
Dass es zu Erdbeben kommen würde, war den am Projekt Beteiligten klar, denn der Rheingraben ist tektonisch aktiv. Einige Fachleute sind jedoch der Ansicht, dass diese kleinen Erdbeben die Spannungen im Untergrund abbauen, so dass dadurch größere Erbeben verhindert werden. In Kalifornien versuchen Forscher, Erdbeben durch Einpressen von Wasser zu reduzieren. Ob das erfolgreich ist, konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Das Problem ist, die Stellen zu finden, wo zwei aneinander entlang gleitende Erdschollen „geschmiert“ werden müssen /Link/.- Ob also das Erdwärmeprojekt in Basel letztendlich mehr nutzt als schadet, wird schwierig zu beurteilen sein.
Oberflächennahe Geothermie
In Staufen im Breisgau, am Fuße des Schwarzwalds gelegen, sollte das Rathaus mit Hilfe einer Wärmepumpe beheizt werden. Dazu wurden im September 2007 sieben Sonden 140 m tief in die Erde getrieben. Kurz danach begann sich der Boden zu heben. Zuerst bekamen das Rathaus und dann die Häuser im Umkreis des Rathauses Risse. Die Risse wurden immer größer und immer mehr Häuser wurden in Mitleidenschaft gezogen.
Wissenschaftler vermuten, dass eine Gips-Keuper-Schicht durchbohrt wurde und man dann darunter auf Grundwasser stieß, das unter hohem Druck steht. Das Wasser schoss sofort nach oben und drang in die Gips-Keuper-Schicht ein. Diese Schicht enthält das Mineral Anhydrit, das das Wasser bindet und sich dabei in Gips umwandelt. Dabei dehnt sich diese Schicht erheblich aus und hebt die darüber befindlichen Erdschichten mitsamt den Häusern. Pessimisten können sich vorstellen, dass der Gips irgendwann weggeschwemmt wird und sich dadurch Hohlräume bilden, die dann einstürzen können. - Obwohl auch Staufen wie Basel im Erdbebengebiet liegt, werden natürliche (tektonische) Ursachen für unwahrscheinlich gehalten, da zu dieser Zeit kein Erdbeben registriert wurde. Zu Beginn des Vorhabens wurde empfohlen, die Bohrungen von einer einheimischen Firma, die mit dem Untergrund vertraut ist, durchführen zu lassen. Der Auftrag wurde jedoch an eine österreichische Firma vergeben.
Jetzt wird gestritten, wer für den Schaden aufzukommen hat. Solange die Ursache nicht juristisch eindeutig festgestellt ist, zahlt keine Versicherung und auch sonst niemand. Immerhin will jetzt die Landesregierung Baden-Württemberg 300.000 Euro für eine Erkundungsbohrung, mit der die Ursache für die Gebäudeschäden in Staufen ermittelt werden soll, bezahlen /Link/. - Den Autoren ist unklar, warum der Aufbau der Schichten nicht schon vor der geplanten Erkundungsbohrung untersucht wurde, obwohl das Risiko bekannt war und es Vorschrift /Link (pdf-Datei 4,6 MB)/ ist, dass wenigstens bei einem Teil der Bohrungen genaue Bodenproben entlang der ganzen Bohrung zu nehmen sind. Mit der gleichen Vorschrift soll auch sichergestellt werden, dass die Sonde im Bohrloch zuverlässig abzudichten ist. Auch wenn eine Bohrung nicht genutzt werden kann, muss das Bohrloch unter allen Umständen gut abgedichtet werden, damit das Grundwasser nicht seinen Lauf ändern kann.
Fazit: Bei nicht fachgerecht ausgeführten Bohrungen können hohe Schäden auftreten. Auch vor Überraschungen ist man nicht sicher. Allgemein bestätigt sich wieder einmal, keine Möglichkeit der Energiegewinnung ist risikolos. Man muss danach trachten, das Risiko-Nutzenverhältnis zu minimieren. Trotz solcher Pannen wäre es jedoch nicht gerechtfertigt, auf die Nutzung der Erdwärme zu verzichten. Man muss aber aus diesen Pannen lernen.
Wichtig scheint uns auch, dass die Allgemeinheit letztendlich das Risiko für eine Technik tragen muss, wenn der(die) Geschädigte(n) den Schaden nicht selbst verschuldet hat(haben). Es ist ein Missstand in unserer Gesellschaft (Staat, Land, Kommune), dass oft diejenigen, die ohne eigene Schuld einen Schaden erlitten haben, dann damit allein gelassen werden. Daher stehen viele Menschen oft skeptisch oder gar ängstlich oder ablehnend Neuem gegenüber.
29.12.2008 gmr